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Endlich da. Mit deutlichen Verbesserungen, aber ohne Mut zum großen Wurf

Schwerpunktthema: OZG 2.0

Im Deutschen Bundestag wurde heute das Gesetz zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG 2.0) verabschiedet. Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) unterstützt die darin enthaltenen Maßnahmen, allen voran die verbindlich geregelte Standardisierung. Allerdings: Die zu komplizierten Mechanismen und Strukturen der Verwaltungsdigitalisierung bleiben weiterhin unangetastet.

2024

Frau sitzt verzweifelt über einem Laptop und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen
Quelle: Pixabay

Lutz Goebel, Vorsitzender des NKR:

„Sieben Jahre nach Verabschiedung des OZG, hat es die Politik nicht annähernd geschafft, das Versprechen einzulösen, alle wesentlichen Verwaltungsleistungen flächendeckend zu digitalisieren. Das liegt nicht an ambitionslosen Mitarbeitenden in Bund, Ländern und Kommunen und auch nicht am fehlenden Geld. Hauptgrund dafür, dass Deutschland bei der Verwaltungsdigitalisierung international weit hinten liegt, ist ein Mangel an strategischer Klarheit, Verbindlichkeit, professioneller Steuerung und einem leistungsfähigen technischen Fundament. Bund, Länder und Kommunen verheddern sich in einem Dickicht technischer Insellösungen und Zuständigkeitsfragen, während gleichzeitig Haushaltsmittel schrumpfen und IT-Fachkräfte fehlen.

Dass die so wichtige Verabschiedung des OZG-Nachfolgegesetzes mit über einem Jahr Verspätung kommt, zeigt, wie sehr gerade auch im Bundestag um Regelungen gerungen wurde, die einen echten Unterschied bewirken. Das hat zu deutlichen Verbesserungen gegenüber dem Ausgangsentwurf geführt. Auch einige Vorschläge des NKR haben es in das neue Gesetz geschafft.

So groß der Einsatz für ein richtungsweisendes OZG 2.0 auch gewesen sein mag, einen Durchbruch stellt das Gesetz aus unserer Sicht noch nicht dar. Die Tür zur neuen Welt der Verwaltungsdigitalisierung wird nur halbherzig aufgestoßen. Um eine konsequente Trendwende bei der Verwaltungsdigitalisierung einzuleiten, muss noch mehr passieren. Auch vor Änderungen im Grundgesetz darf die Politik nicht zurückschrecken, wenn sie die Digitalisierung der Verwaltung ernsthaft und spürbar beschleunigen will.“

Die wichtigsten Aspekte im Überblick:

  • Fristen und Rechtsanspruch: Die Aufgabe jeglicher Fristen ist vom Tisch. Es gilt wieder eine neue 5-Jahresfrist zur flächendeckenden Digitalisierung der Verwaltungsleistungen für Unternehmen. Verstärkt wird die Frist durch einen Rechtsanspruch, der nach 4 Jahren greift und zumindest für die Bundesleistungen gilt – auch für solche, die Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen. Konsequent wäre gewesen, auch Leistungen der Länder und Kommunen einzubeziehen und Zwischenmeilensteine zu definieren, um konsequenter steuern zu können.
  • Endlich kommt die Standardisierung: Das Fundament jeder vernünftigen Verwaltungsdigitalisierung ist die Vorgabe von Standards für Datenformate und Schnittstellen, von Architekturprinzipien und von technischen Basiskomponenten. Dies wird durch das OZG 2.0 erleichtert, die Kompetenzen des Bundes werden weiter gestärkt, die Verbindlichkeit wird deutlich erhöht. Und vor allem: Dafür wird eine Frist von 2 Jahren festgelegt. Dies ist sehr zu begrüßen.
  • Servicestandard als verbindliche Qualitätsvorgabe: Wichtig ist auch, dass nicht nur eine allgemeine Nutzerfreundlichkeit digitaler Verwaltungsleistungen eingefordert wird, sondern nachprüfbare Qualitätsanforderungen festgelegt werden sollen. Dafür soll der existierende Digitale Servicestandard verbindlich gemacht werden. Dass dies nur im Begründungs- und nicht gleich im Regelungsteil des Gesetzes aufgenommen wurde, bleibt zu kritisieren.
  • Bekenntnis zu Plattformstrategie fehlt: Was weiterhin fehlt, sind ein Bekenntnis und entsprechende Vorgaben für die Umstellung der deutschen Verwaltungsdigitalisierung auf eine konsequente Plattformstrategie, bei der die Arbeitsteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen darin besteht, das hoch-standardisierte, gebündelt betriebene technische Fundament bereitzustellen, auf dem sich individuelle Softwarelösungen sehr frei und kostengünstig entwickeln können.
  • Entscheiden und Umsetzen im Föderalstaat verbesserungsbedürftig: Die Steuerungs- und Umsetzungsstrukturen bleiben unverändert. Dies betrifft die – de facto auf Einstimmigkeit ausgerichtete – Entscheidungsfindung im IT-Planungsrat, die Mitspracherechte der Kommunen und die Finanzierung. Vor allem aber fehlt es weiterhin an a) einer umsetzungsstarken Digitalisierungsagentur nach internationalem Vorbild, deren Basis die bestehende FITKO sein sollte und b) einer Lösung zur schnelleren und einfachen Verbreitung guter, innovativer IT-Lösungen für Verwaltungen aller Ebenen, d.h. einem App-Store für die Verwaltung.
  • Monitoring konkretisieren: Das bisherige OZG-Monitoring ist unzureichend. Deshalb ist es richtig, das Monitoring auf gesetzliche Grundlage zu stellen. Bemerkenswert ist die Konkretisierung im Begründungsteil des Gesetzes, wonach Kriterien wie Nutzerfreundlichkeit und Umsetzungsstand vorgesehen sind, genauso wie der Zugang zu den Ergebnissen über eine offene Schnittstelle. Aus Sicht des NKR hätten diese Vorgaben in den Regelungsteil des Gesetzes aufgenommen werden sollen. Das BMI sollte zudem vierteljährlich selbst zum Umsetzungsstand berichten.
  • Evaluierung vorziehen: Die Evaluierung des OZG 2.0 soll alle drei Jahre durch eine „fachunabhängige wissenschaftliche Einrichtung“ erfolgen und veröffentlicht werden. Das ist zu begrüßen. Eine Evaluierung des OZG 1.0 hat nie stattgefunden. Deshalb hält es der NKR für geboten, die erste Evaluierung des OZG 2.0 nicht nach drei, sondern spätestens nach zwei Jahren durchzuführen, um dadurch Erkenntnisse für eine weitere Novelle des OZG zur Mitte der nächsten Legislatur vorzulegen. Angesichts des weiterhin bestehenden Regelungsbedarfs, der wo nötig auch grundgesetzliche Änderungen einschließen muss, sollte frühzeitig an die Vorbereitung der nächsten Novelle gedacht werden.